Berufsrecht

Beratung und Beistand in allen Fragen des Berufsrecht bietet den Mitgliedern der Anwaltvereine in Bayern das Centrum für Berufsrecht im Bayerischen Anwaltverband. Leiter des Centrums ist Dr. iur. Wieland Horn, zuletzt Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer beim BGH. Unterstützt wird er von versierten Vertretern aus Wissenschaft und Praxis.

Mitglieder eines bayerischen Ortsvereins wenden sich bitte zur ersten Kontaktaufnahme an die Geschäftsstelle des BAV geschaeftsstelle@bayerischer-anwaltverband.de oder telefonisch unter 089 / 2111 2840.

Sitz: AnwaltServiceCenter, Justizpalast München, Prielmayerstraße 7/Zi. 63, 80335 München, Telefon 089 558650
 

 

Allgemeine Pflichten gemäß § 43 BRAO

Als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt in Deutschland unterliegen Sie bei ihrer Berufsausübung dem anwaltlichen Berufsrecht. Dieses ist in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) kodifiziert. In § 43 BRAO ist die allgemeine Pflicht normiert, den Beruf des Rechtsanwaltes gewissenhaft auszuüben und sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Berufes der Achtung und des Vertrauens würdig zu erweisen, welche die Stellung des Anwaltes erfordern. Diese allgemeine Berufspflicht wird in den §§ 43a ff. BRAO und in der BORA näher ausgestaltet.

Grundpflichten

Zunächst regelt § 43a BRAO Ihre Grundpflichten als Rechtsanwalt. Hiernach haben Sie als Anwalt unabhängig und verschwiegen zu sein. Sie dürfen sich nicht unsachlich verhalten und keine widerstreitenden Interessen vertreten. Sie haben ferner die Ihnen anvertraute Vermö-genswerte – insbesondere Fremdgelder – sorgfältig zu behandeln. Darüber hinaus haben Sie sich fortzubilden.

Die Verschwiegenheitspflicht, das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen und der Umgang mit anvertrauten Vermögenswerten sind in der BORA (§§ 2 bis 4 BORA) näher ausgestaltet.

Verschwiegenheit

Die Verschwiegenheit ist sowohl eine Pflicht als auch ein Recht der Anwaltes (§ 2 BORA); die Verletzung ist strafbewehrt (§ 203 StGB). Die Pflicht zur Verschwiegenheit bezieht sich auf alles, was Ihnen im Rahmen Ihrer Berufstätigkeit bekannt geworden ist, und besteht nach Mandatsende fort. Auch Ihre Mitarbeiter unterliegen dieser Schweigepflicht; sie sind hierüber eingehend zu belehren. Das gilt auch Dritte, deren Dienste sie nach sorgfältiger Auswahl in Anspruch nehmen (§ 43e BRAO).

Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen

Gemäß § 43a Abs. 4 BRAO / § 3 BORA dürfen Sie nicht tätig werden, wenn Sie in derselben Rechtssache bereits die Gegenpartei beraten oder vertreten haben. Die Pflicht zur Verschwiegenheit und das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen sollen das Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt schützen.

Fremdgelder

Fremdgelder oder andere fremde Vermögenswerte haben Sie unverzüglich an den Berechtig-ten weiterzuleiten. Solange das nicht möglich ist, sind Fremdgeldern auf Anderkonten zu verwalten (§ 4 BORA). Über Fremdgelder wie auch Vorschüsse ist unverzüglich, spätestens mit Beendigung des Mandates abzurechnen (§ 23 BORA).

Fortbildung

Nähere Regelungen zur Fortbildung finden sich nur im Zusammenhang mit den Fachanwaltschaften in der Fachanwaltsordnung (§ 15 FAO).

Unabhängigkeit, Sachlichkeitsgebot

Für das Unabhängigkeits- und das Sachlichkeitsgebot finden sich im anwaltlichen Berufsrecht keine konkretisierenden Normen. Man wird davon auszugehen haben, dass sich die Unabhängigkeit sowohl auf die Staatsferne und die Freiheit von staatlichen Weisungen bezieht als auch auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Unabhängigkeit, wie sich aus § 1 BRAO („Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege“) und aus § 1 BORA („Der Rechtsanwalt übt seinen Beruf frei, selbstbestimmt und unreglementiert aus, soweit Gesetz oder Berufsordnung ihn nicht besonders verpflichten“) ergibt.

Das Sachlichkeitsgebot soll vor allem verhindern, dass der Anwalt strafbare Beleidigungen begeht, dass er bewusst Unwahrheiten verbreitet oder dass er herabsetzende Äußerungen von sich gibt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensablauf keinen Anlass gegeben haben. Für die Werbung bedeutet das Sachlichkeitsgebot, dass die Anwaltschaft nicht sämtliche Werbemethoden verwenden darf, die im Bereich der werbenden allgemeinen Wirtschaft (noch) hinzunehmen wären.

Besondere Berufspflichten

Neben den Grundpflichten gemäß § 43a BRAO sind in der Bundesrechtsanwaltsordnung auch besondere Berufspflichten normiert, von denen einige durch die BORA näher ausgestaltet werden.

Werbung

So haben Sie als Anwalt Werbung zu unterlassen, die nach Form oder Inhalt unsachlich oder auf die Erteilung eines Mandates im Einzelfall gerichtet ist (§ 43b BRAO). Nähere Regelungen zur anwaltlichen Werbung finden sich in den §§ 6 bis 10 BORA. Hiernach ist die Werbung mit Umsatzzahlen unzulässig (§ 6 BORA). Mit Teilbereichen der anwaltlichen Tätigkeit dürfen Sie als Anwalt nur werben, wenn Sie die erforderlichen Kenntnisse für eine Tätigkeit in diesem Rechtsbereich nachweisen können (§ 7 BORA). Weitere Regelungen betreffen die Werbung mit der Bezeichnung Mediator (§ 7a BORA), die Kundgabe beruflicher Zusammen-arbeit (§ 8 BORA), die Kurzbezeichnungen (§ 9 BORA) und die Gestaltung der Briefköpfe (§ 10 BORA).

Ablehnung des Mandats

Möchten Sie ein Mandat nicht übernehmen, so haben Sie die Ablehnung des Mandates unverzüglich zu erklären (§ 44 BRAO). Diese Norm ist ausdrücklich schadensersatzbewehrt.

Tätigkeitsverbote

§ 45 BRAO untersagt dem Anwalt ein Tätigwerden bei Vorbefassung mit der Streitsache beispielsweise als (Schieds-)Richter, Notar, Insolvenzverwalter. Weitere Beschränkungen gelten für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Abs. 5 BRAO), insbesondere für das Auftreten vor Gericht (§ 46c Abs. 2 BRAO).

Pflicht zur Übernahme von Mandaten

Die §§ 48, 49 und 49a BRAO verpflichten Sie zur Übernahme von Mandaten im Bereich der Prozesskostenhilfe, der Beratungshilfe und als Pflichtverteidiger. Die Übernahme solcher Mandate kann regelmäßig nur aus wichtigen Gründen abgelehnt werden. Die Ablehnung von Beratungshilfemandaten ist in § 16a BORA näher geregelt. Gemäß § 16 BORA sind Sie verpflichtet, Ihren Mandanten auf die Möglichkeit der Beratungshilfe oder der Prozesskostenhilfe hinzuweisen, wenn Sie Anhaltspunkte dafür haben, dass Ihr Mandant anspruchsberechtigt sein könnte. Sie sind allerdings nicht verpflichtet, selbst einen Beratungshilfeantrag zu stellen (§ 16a Abs. 2 BORA)

Vergütung

Besondere Pflichten im Hinblick auf die Vergütung regelt § 49b BRAO. Der Anwalt darf beispielsweise grundsätzlich keine geringeren Gebühren fordern, als im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorgesehen sind. Sofern sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, hat der Anwalt seinen Mandanten gemäß § 49b Abs. 5 BRAO auf diesen Umstand hinzuweisen. Nachdem das RVG gesetzliche Gebühren für Beratungen, die Erstattung eines Gutachtens oder die Tätigkeit als Mediator nicht (mehr) kennt, sollte der Anwalt die Vereinbarung über die Honorierung dieser Tätigkeit nicht vergessen (§ 34 RVG). Weitere Regelungen im Hinblick auf die Vergütung und deren Abrechnung enthalten die §§ 21 bis 23 BORA. So ist der Anwalt gemäß § 23 BORA verpflichtet, spätestens bei Beendigung des Mandates über Honorarvorschüsse und Fremdgelder abzurechnen.

Aktenführung

Gemäß § 50 BRAO haben Sie als Anwalt Handakten zu führen, aus denen sich ein geordnetes Bild Ihrer Tätigkeit ergibt. Diese Akten haben Sie an Ihren Mandanten herauszugeben, es sei denn, der Mandant hat Ihre Tätigkeit noch nicht oder noch nicht vollständig vergütet. Das Zurückbehaltungsrecht des Anwalts an den Handakten besteht allerdings nicht, wenn die Vorenthaltung der Akten oder einzelner Schriftstücke unangemessen wäre. Nach § 17 BORA kann der Interessenkonflikt zwischen Anwalt und Mandant auch durch die Überlassung von Kopien oder die Herausgabe zur treuhänderischen Verwahrung an den neuen Anwalt des Mandanten gelöst werden.

Berufshaftpflichtversicherung

Jeder Rechtsanwalt ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten (§ 51 BRAO). Der Abschluss dieser Versicherung ist Voraussetzung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 12 Abs. 2 BRAO). Wird sie nach der Zulassung nicht weiter unterhalten, ist die Zulassung zur Anwaltschaft (zwingend) zu widerrufen (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO).

Pflichten gegenüber dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer

Besonderen Pflichten unterliegen Sie als Anwalt gemäß § 56 BRAO gegenüber dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer. Sie haben auf Verlangen des Vorstandes in Angelegenheiten der Berufsaufsicht Auskunft zu geben und Ihre Handakten vorzulegen, es sei denn die Pflicht zur Verschwiegenheit wird berührt oder Sie würden sich selbst belasten. In Vermittlungsangelegenheiten kann der Vorstand Ihr persönliches Erscheinen anordnen. Gemäß § 24 BORA be-stehen weitere Informationspflichten gegenüber dem Kammervorstand, beispielsweise bei Namens- oder Kanzleiänderung.

Berufliche Zusammenarbeit

Spezielle Regelungen für die berufliche Zusammenarbeit (beispielsweise zu den sozietätsfähigen Berufen) und deren Beendigung finden sich in § 59a BRAO sowie in den §§ 30 und 32 BORA.

Weitere besondere Berufspflichten

Weitere besondere Berufspflichten sind in der Berufsordnung geregelt:

Unterhaltung einer Kanzlei

Gemäß § 5 BORA hat der Anwalt eine Kanzlei zu unterhalten, also über die sachlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen zu verfügen, die für seine Berufstätigkeit erforderlich sind. In der Praxis spielt die Kanzleipflicht keine große Rolle mehr; sie stellt aber einen geschützten Raum gegenüber Durchsuchungen oder Beschlagnahmen in Angelegenheiten der Mandanten dar.

Pflicht zur Unterrichtung

Die Unterrichtungspflicht des Anwaltes gegenüber seinen Mandanten regelt § 11 BORA. Hiernach hat der Anwalt seinen Mandanten unverzüglich über alle wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen in der Mandatsbearbeitung zu unterrichten. Wesentliche Schriftstücke hat der Anwalt seinem Mandanten zur Kenntnis zu geben. Anfragen des Mandanten sind vom Anwalt unverzüglich zu beantworten.

Umgehungsverbot

Sofern der Gegner anwaltlich vertreten ist, hat der Anwalt eine unmittelbare Kontaktaufnah-me oder Verhandlung mit dem Gegner zu unterlassen, sofern der Gegenanwalt dies nicht ausdrücklich gestattet hat oder Gefahr im Verzuge ist. In diesen Fällen ist der Gegenanwalt unverzüglich zu unterrichten, Schriftstücke sind ihm unverzüglich in Kopie zu übermitteln (§ 12 BORA). Dieses Umgehungsverbot soll einerseits den Gegner vor Überrumpelungsversuchen schützen. Andererseits dient es der störungsfreien Arbeit der Rechtspflege.

Zustellungen

Die Verpflichtung zur Entgegennahme von ordnungsgemäßen Zustellungen und zur unver-züglichen Rückleitung von Empfangsbekenntnissen (§ 14 BORA) dient ebenfalls dem Ziel, eine störungsfreie Rechtspflege zu gewährleisten; sie gilt auch bei Zustellung von Anwalt zu Anwalt.

Mandatswechsel

Dem störungsfreien Mandatsübergang dienen die Regelungen zum Mandatswechsel in § 15 BORA. Der neu beauftragte Anwalt hat dafür zu sorgen, dass der bisher beauftragte Anwalt über den Mandatswechsel unverzüglich informiert wird. Gleiches gilt bei einer Mandatsmitübernahme durch einen weiteren Anwalt. Für die lediglich beratende Tätigkeit gilt dies jedoch nicht.

Pflichten bei der Akteneinsicht

Die anwaltlichen Pflichten bei der Akteneinsicht regelt § 19 BORA. Ihnen von Gerichten oder Behörden überlassene Unterlagen sind sorgfältig zu verwahren, vor Kenntnisnahme Unbefugter zu schützen und unverzüglich zurückzugeben.

Robenpflicht

Gemäß § 20 BORA hat der Rechtsanwalt vor Gericht die Robe zu tragen, sofern das üblich ist. Die Robenpflicht besteht bei Verhandlungen vor Amtsgerichten in Zivilsachen nicht. Bei Verhandlungen in Familiensachen besteht dagegen vor dem Amtsgericht Robenpflicht.

Außerhalb der Ballungsräume sollte auch in Zivilsachen die Robe zum Amtsgericht mitgenommen werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

Vertraulichkeit der Beanstandung

Weist ein Anwalt einen Kollegen darauf hin, dass dieser gegen Berufspflichten verstößt, hat diese Beanstandung regelmäßig vertraulich zu erfolgen (§ 25 BORA).

Beschäftigung von Rechtsanwälten und anderen Mitarbeitern

Die Beschäftigung von Rechtsanwälten und anderen Mitarbeitern regelt § 26 BORA. Diese Beschäftigung darf nur zu angemessenen Bedingungen erfolgen. Bei der Beschäftigung von Auszubildenden haben Sie als Anwalt zu gewährleisten, dass die Tätigkeiten des Auszubildenden auf die Erreichung des Ausbildungsziels ausgerichtet sind (§ 28 BORA).

Beteiligung an wirtschaftlichem Ergebnis anwaltlicher Tätigkeit

Eine Beteiligung Dritter am wirtschaftlichen Ergebnis der anwaltlichen Tätigkeit ist gemäß § 27 BORA nur in Ausnahmefällen erlaubt. Deshalb ist bislang auch die Aufnahme von Fremdkapital, also die nur kapitalmäßige Beteiligung Dritter nicht zulässig.

Professor Dr. Jörn Steike (vordem Rechtsanwalt in Dachau und Mitglied des Vorstands der Rechtsanwaltskammer München); fortgeführt von Dr. Wieland Horn, Leiter des Centrums für Berufsrecht im Bayerischen Anwaltverband